...sollte im Con-Buch für den ColoniaCon 2002 auch noch
vorgestellt werden. Das war vor mehr als einem Jahr - und so ist
dies der zweite Aufguß des Artikels, den aktuellen
Gegebenheiten angepaßt - denn vieles hat sich
verändert.
Die scheinbar harmlosesten Aufträge bergen die
bösesten Fallen. So weiß ich nicht, wie ich eigentlich
dazu gekommen bin, diese Aufgabe zu übernehmen. Als der
entsprechende Wunsch vom Orga-Komitee des Colonia-Cons 2002 an mich
herangetragen wurde, habe ich mir das noch relativ einfach
vorgestellt. Doch dann war plötzlich Eile geboten, denn wenige
Tage vor Redaktionsschluß für das Con-Buch mußte
ich feststellen, daß die Vorstellung eines Stammtisches
ausgesprochen schwierig ist.
Dabei wohne ich noch nicht einmal in Köln, ich arbeite nur
dort. Umgangssprachlich bin ich also ein sogenannter
„Imi“. Im Gegensatz dazu stehen die Eingeborenen, also
die „echten Kölner“. Die könnten sich
über Köln eigentlich viel treffender äußern
als jemand, der noch nicht einmal Rheinländer ist, sondern
Ostwestfale. Aber bitte schön, sie wollten es so.
Der Begriff „Imi“ stammt aus der Kölner
Umgangssprache. Er steht durchaus nicht, wie man vermuten
könnte, für „Immigrant“, denn dann
müßte man das Wort - trotz oder vielleicht gerade wegen
der Rechtschreibreform - mit zwei „m“ schreiben. Wie
ich dem lustigen Buch „Köln für Imis - Ein
Leitfaden durch die seltsamste Stadt der Welt“ (Autor Falko
Amadeus Rademacher, Hermann-Josef Emons Verlag) entnehmen konnte,
leitet Imi sich von dem Wort „imitieren“ ab und
entstammt der allgemein bei den Eingeborenen vorherrschenden
Auffassung, ein nichtgebürtiger Kölner sei gar kein
richtiger Kölner. Auch wenn man sein ganzes Leben in der Stadt
verbringt und jeden Pflasterstein mit Vornamen anredet, wird man
daher niemals als vollwertiger Kölner anerkannt. Ob die Imis
darauf Wert legen, ist eine ganz andere Sache ...
Unter den Stammtischlern wird der Begriff „Imi“
vorwiegend von einem seiner prominenten Mitglieder benutzt, um sich
vor allem gegenüber Leuten wie mir abzugrenzen (gut, dann
muß ich das nicht selbst machen). Die Rede ist hier von Achim
Mehnert, dem bekannten SF-Autor (PR-Taschenbuch, RAUMSCHIFF PROMET
- jetzt umbenannt in RAUMSCHIFF TITAN, REN DHARK, ATLAN-Centauri u.
v. a. sowie demnächst BAD EARTH) mit dem sich über dieses
Thema endlos lange frotzeln läßt. Denn Achim Mehnert ist
ein echter Kölner. Jede Kritik in Bezug auf seine Heimatstadt
wird von ihm komplett ignoriert. Kritik von Imis muß daher
stets diplomatisch formuliert und in aller Vorsicht vorgetragen
werden, aber auch das nützt meist wenig, denn Achim hat zwar
ein selektives, aber erstaunlich gutes Gehör (wohl als
Ausgleich der Natur für die fehlenden Haare). Das Ganze geht
jedoch wenig ernst ab.
Imis wie ich definieren Köln recht einfach. Klüngel,
Karneval und Kölsch - nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.
Der sprichwörtliche Klüngel wurde wohl in dieser Stadt
„erfunden“ - sonst hieße es ja z. B.
„Düsseldorfer Klüngel“ - klingt aber nicht so
gut, doch man kann sich köstlich darüber amüsieren,
denn die Leute hier beherrschen das so professionell. Woanders
hieße das „Korruption“ und wäre glatt
strafbar ...
Zum Karneval gibt es in der Metropole mit der vermutlich
größten Bahnhofskapelle der Welt (von den Eingeborenen
umgangssprachlich als „Dom“ bezeichnet) nicht viel zu
sagen, außer: Man setzt sich lustige rote Pappnasen auf und
benutzt dies als Vorwand für kolossale Besäufnisse,
schreit laut „Alaaf“ und bewirft andere Leute mit
Süßigkeiten - hier sind besonders ganze Tafeln
Schokolade beliebt, denn wenn die einer an den Kopf kriegt, tut
dies ordentlich weh. So haben auch die Werfer, die den Kram
bezahlen, noch etwas davon: Schadenfreude. Im Rahmen des
Stammtisches spielt aber auch der Karneval kaum eine Rolle. Denn
viele „Stammtischler“ sind Imis.
Woran man in Köln definitiv nicht vorbeikommt, ist
Kölsch. Darunter versteht man zum einen das umgangssprachliche
Genuschel der Eingeborenen, mit dem diese sich zu verständigen
versuchen - was aber meist nicht klappt (deswegen versuchen viele
Einheimische, Hochdeutsch zu sprechen). Zum anderen handelt es sich
bei Kölsch um ein Gesöff, äh Getränk. Die
Eingeborenen behaupten ernsthaft, dieses Zeug, von dem es
schätzungsweise mehr als tausend verschiedene Marken gibt, sei
Bier. Das ist nur bedingt richtig. Kölsch wird aus
Reagenzgläsern getrunken, und welches richtige Bier wird schon
in Reagenzgläsern serviert??? Außerdem ist Kölsch
nicht so stark wie richtiges Bier, und deshalb trinkt man mehr
davon. Aber man muß trotzdem genau so viel dafür
bezahlen wie für Bier - und die Kopfschmerzen am Tage danach
sind ebenfalls vergleichbar. Insgesamt also kein schlechtes
Marketing-Konzept. Auch auf dem Colonia-Con wird dieses Konzept
schwerpunktmäßig umgesetzt.
Aber ich schweife ab. Zurück zum Thema
„Stammtisch“.
Offiziell findet dieser an jedem zweiten Samstag im Monat im
REFUGIUM statt. Kölner Südstadt, Herthastraße.
Für einige Jahre gab es neben diesem Termin noch einen
zweiten. Fast wöchentlich traf man sich Freitag abends in der
DISTEL am „Ring“, Jan-von-Werth-Straße. Das war
dann der „inoffizielle“ Stammtisch. Doch der
Pächter wechselte, irgendwann war dann Schluß. Einige
Übriggebliebene sind, wenn man Glück hat, freitags im
PHÖNIX in der Nähe des Barbarossaplatzes anzutreffen.
Da kommen also völlig unterschiedliche Personen zusammen,
an unterschiedlichen Orten - und sogar mit vollkommen
unterschiedlichen Interessen, wie ich jetzt nach längerem
Grübeln zu meinem Leidwesen feststellen muß.
Eigentlich handelt es sich um einen PERRY RHODAN-Stammtisch,
doch schon das ist nicht so eindeutig. Zwar kann man die
überwiegende Zahl derjenigen, die zum Umfeld des Stammitsches
zu rechnen sind, um PERRY RHODAN-Fans. Doch dann sind da aus deren
näherem und weiterem Umfeld über die Jahre auch noch
einige Personen hinzugekommen, die mit der PR-Serie eigentlich kaum
Berührung haben. Die tauchen zwar nicht regelmäßig
auf, aber doch mindestens im Juli zur sogenannten
„Sommerfeier“ oder im November bzw. Dezember zur
Weihnachtsfeier. Denn dort gibt es, wie die Eingeborenen sagen,
neben „lecker Kölsch“ vom Faß (was sonst
nicht der Fall ist) auch etwas zu essen: Frikadellen, Nudelsalat
usw. Vielleicht liegt es daran, daß gerade diese
Veranstaltugen so gut besucht sind. Willkommen ist jedenfalls
jeder; und diskutiert wird über alles. PERRY RHODAN kommt
nicht zu kurz, ist aber nicht zwangsläufig Schwerpunkt-Thema.
Dann und wann werden auch Autogrammstunden mit PR-Autoren
veranstaltet; dies wird jedoch im Normalfall vorher publik gemacht.
Hier sind dann etwa Uwe Anton und/oder Claudia Kern anzutreffen,
die beide in der näheren Umgebung Kölns wohnen.
Neben den monatlichen bzw. wöchentlichen Treffen unternimmt
der Stammtisch so einiges. Da sind beispielsweise Fahrten zur
Buchmesse nach Frankfurt zu erwähnen, die Teilnahme an den
PR-Tagen in Sinzig oder am DortCon. Dieses Jahr fahren einige
„Stammtischler“ zum PR-Con nach Garching, andere
fliegen sogar (Köln als neues Drehkreuz für
Billig-Airlines macht’s möglich). Das alles findet immer
in überschaubaren Grüppchen statt, denn der Stammtisch
ist kein Verein, kein Club mit Mitgliedsbeiträgen oder
Erscheinungspflicht. Wer kommt, ist da und hat seinen Spaß.
Wer nicht kommt, bleibt halt weg.
Krönung der Aktivitäten des Stammtisches ist jedoch
zweifellos das Projekt „Colonia-Con“. Die Idee, wieder
einmal nach längerer Zeit einen Colonia-Con zu veranstalten,
wurde auf dem PR-WeltCon im Dezember 1999 aus der Taufe gehoben -
wobei zu erwähnen ist, daß frühere Colonia-Cons
durchaus von anderen Personen organisiert wurden (aber das
weiß ich nicht so genau ... - das war in grauer Vorzeit,
genauer gesagt, im letzten Jahrtausend) . Der Colonia-Con 2000 war
denn so erfolgreich, daß man gleich für 2002 eine
Fortsetzung in Angriff nahm. Für 2004 ist schon ein weiterer
Con in Planung, doch im Verhältnis zum blinden Aktionismus bei
der Planung der beiden Cons davor läßt man es hier eher
gemächlich angehen. „Schaun wir mal, dann sehen wir
weiter“ (soll schon Franz Beckenhauer gesagt haben, der
Präsidentenkaiser von Bayern München).
Was gibt es sonst noch zum Stammtisch zu bemerken?
Mehr oder weniger regelmäßig anzutreffen sind so
bekannte Personen aus dem Fandom wie etwa Ralf Zimmermann, Michael
Breuer und Bernd Krosta, die sich schon lange Jahre im SF/PR-Fandom
tummeln und (auch ich war erstaunt, das zu erfahren) zum
fünfköpfigen Vorstand des PCCN gehören. Das ist der
im Jahre 1978 (!) gegründete Phantastik Club Classic Nelson,
der heutzutage allerdings wohl nur noch inaktiv tätig ist
(benannt nach einer PR-Taschenbuch-Figur). Einzelheiten sind
nachzulesen im Internet unter www.demondestroyer.de.
Außerdem dürfen nicht unterschlagen werden: Helmut
Freisinger, im Fandom ebenfalls bekannt wie ein bunter Hund (einer
der ernsthaftesten Sammler von PR und PR-Merchandising-Artikeln
überhaupt), Christian Spließ, Mitglied des
Äon-Teams und offiziell Nicht-Vorsitzender des offiziell
ebenfalls nicht-existenten Ersten Deutschen MADDRAX-Fanclubs, der
trotzdem im Februar 2002 einen MADDRAX-Stammtisch mit der
Hälfte der Team-Autoren organisierte (zufällig zeitgleich
mit dem PR-Stammtisch, so daß das REFUGIUM voll war wie
selten) sowie Alexander Noffz, Computer-Experte vom PROC.
Früher war hier auch der inzwischen verschollene Winfried
„Winy“ Brand anzutreffen, Herausgeber des mittlerweile
wohl eingestellten Internet-Rezensions-Fanzines FLASH.
Unterschlagen werden dürfen auch keinesfalls Joachim Otto
von der „Romantruhe“, der alle Anwesenden seit vielen
Jahren kontinuierlich mit allem versorgt, was das Phantastik-Genre
an Büchern, Heftromanen und anderem bietet, und der immer eine
zuverässige Lieferquelle für Bestellungen aller Art war
und ist (immer eine Empfehlung: www.romantruhe.de) und „last
but not least“ Guido Latz, der das erfolgreiche Fan-Projekt
RAUMKREUZER IKARUS verlegt.
Aber das sind längst nicht alle. Wen ich bei der
Aufzählung vergessen habe, der mag mir das nachsehen. Das
Ganze erhebt keinen Anspruch auf Vollzähligkeit.
Gäste sind gern gesehen. Insgesamt gesehen trifft sich hier
eine bunte, vielseitige Truppe, die zwar nicht so zahlreich ist wie
etwa der PR-Stammtisch „Ernst Ellert“ in München,
aber das sollen so um die fünfzig Personen sein, und da wird
es leicht unüberschaubar. Aber das soll keine Kritik sein ...
Und obwohl es sich um den Kölner Stammtisch handelt, tauchen
dort auch Imis auf (sie sind sogar manchmal in der Mehrzahl, und
einige davon trinken sogar Kölsch, reden es aber nicht
...)
Noch ein Tip für Imis: Wenn man in Köln einen
„halven Haan“ auf einer Speisekarte entdeckt, ist es
ein großer Fehler, zu glauben, man bekäme ein halbes
Geflügeltier zu einem ungemein günstigen Preis. Das
Gegenteil ist der Fall: Serviert wird ein halbes, meist altes
Käsebrötchen zu einem im Regelfall äußerst
happigen Preis. So werden Touristen geneppt.
Und weil es so schön paßt, abschließend noch
einige der witzigsten Aphorismen zum Thema „Köln und
Kölner“, entnommen dem Klappentext des Buches
„Köln für Imis“:
Immer mehr Touristen sind inzwischen vermutlich der Meinung,
Baugerüste seien ein integraler Bestandteil gotischer
Baukunst.
Unter „mediterraner Lebensfreude“ versteht der
Kölner vor allem das völlige Ignorieren der Prinzipien
Vernunft, Fleiß oder Kundenfreundlichkeit. Manche halten dies
freilich für eine Beleidigung der Bewohner des
Mittelmeerraums.
Die Frauen haben beim Kölner Karneval in etwa denselben
Stellenwert wie bei der Hisbollah. Beim Karneval gibt es allerdings
strengere Bekleidungsvorschriften.
Es trinkt der Mensch, es säuft das Pferd, in Köln ist
das umgekehrt.
In diesem Sinne: Viel Spaß beim Besuch Kölns und beim
nächsten Colonia-Con.
Hans-Joachim „HaJo“ Kleimann