VURGUZZ - JENSEITS ALLER FANZINES

von Michael Breuer


"Es gibt eine Theorie, die besagt, wenn irgendwer genau herausfindet, wozu das Fandom da ist und warum, dann verschwindet es auf der Stelle und wird durch etwas noch bizarreres und unbegreiflicheres ersetzt.

Es gibt eine andere Theorie, nach der genau das schon passiert ist.

Einige glauben auch zu wissen, wie dieses Ding dann heißen wird: SCIENCE FICTION CLUB GUY NELSON!

(Aus dem Vorwort zu VURGUZZ II)



EINFÜHRUNG

Nahezu 24 Jahre ist es nun her, daß sich während eines gemütlichen Kegelabends Dinge zutrugen, die später in eine fandom'sche Katastrophe münden sollten. Eine handvoll wackerer Recken - müde und trunken vom Biere - ersannen gar großartige Pläne zur Revolutionierung des fannischen Treibens. So nahmen sie denn einen Bierdeckel, auf welchem sie für die Nachwelt festhielten, daß sie an just jenem Abend einen Club gegründet hatten - den SFC Guy Nelson, dessen Mitglieder sich im Laufe der Jahre als ebenso trinkfreudig erweisen sollten, wie die titelgebende Perry-Rhodan-Figur.

Der Gründungsbierdeckel entschwand alsbald auf immer im dunklen Schlund einer Raum-Zeit-Falte - der Club existiert immer noch (wenn auch heute - siehe History - in etwas anderer Form), was schade für den Deckel ist und höchst erfreulich für den Club.

Da es aber den Informationsfluß innerhalb eines Clubs erleichtert, wenn ein Kommunikationsmedium vorhanden ist, erschien im Sommer 1984 die erste Ausgabe des Fanzines VURGUZZ (heute VURGUZZ CLASSIC), womit wir endlich am Anfang des Themas dieses Berichts angekommen wären und andererseits am Ende dieser Einführung.



1. ...DIESMAL ALS JUBELNUMMER

Der "Club, der Maßstäbe setzt" besaß zu jener Zeit etwa 11 Mitglieder.

Die beiden ersten Ausgaben des Clubzines galten lange Zeit als verschollen, tauchten jedoch kürzlich wieder aus den Tiefen des Archivs auf.

Nummer 1 griff mit zahlreichen Con- und Veranstaltungsterminen gleich voll ins pralle Leben. Neben einer Rißzeichnung der ENTERPRISE (die den treuen Leser noch lange Zeit begleiten sollte) gab es außerdem Aufklärung über die Person des Guy Nelson anhand eines Auszugs aus dem Perry-Rhodan-Lexikon. Ansonsten enthielt das Heft - wie auch Nr. 2 - zunächst nur Clubinterna, auf die einzugehen sich somit erübrigt.

Cover vurguzz 1

Im Herbst 1984 erschien schließlich die dritte Ausgabe des Zines - anläßlich der Frankfurter Buchmesse in einer Sonderauflage von 100 Exemplaren.

Neben einem prachtvollen (Ächz!) - von Ralf Zimmermann gestalteten - VURGUZZ-Schriftzug prangte ein von Dirk de Lange entworfenes Emblem auf dem Cover, das den Namensgeber des Clubs zeigte, den allseits bekannten Guy Nelson.

Das Cover war - wie auch schon das der Nr. 2 - von Ralf Zimmermann "ausgeborgt" worden. Es stammte aus einem Conan-Comic.

Neben der schon bekannten ENTERPRISE-Rißzeichnung fand sich hier erstmals eine Kurzgeschichte - nämlich die erste Inkarnation von Terry R. Zimmers DER MANN AUS DEM MEER, auf deren Inhalt hier nicht näher eingegangen werden muß, dürfte sie den Mitgliedern doch inzwischen hinlänglich bekannt sein, war ihr Held Arman von Lemuria doch lange Zeit auch Stargart in der Persiflage WARLOCK und erlebte vor vier Jahren eine weitere Auferstehung in TÄNZER mit der Story DER ERBE LEMURIAS, die sich freilich bei genauerem Hinsehen als der 1991er-Remix von DER MANN AUS DEM MEER entpuppte.

Schon im November desselben Jahres erschien die Nummer 4 und führte den gnadenlosen Aufstieg des Clubs gnadenlos fort...



2. GUINNESS-SUCHT UND DIE FOLGEN

Auf Nummer 4 prangte dann erstmals das von Ralf Schuh entworfene VURGUZZ-Logo und verhalf dem Zine zu neuem Glanz, wenngleich auch das Cover selbst wieder von Ralf Z. "ausgeborgt" worden war - diesmal stammte es aus einem STAR-TREK-Comic.

Cover vurguzz 4

Ohnehin war Nr. 4 die bis dahin materialreichste Ausgabe. Neben einer ausführlichen Philip-K.-Dick-Rezension gab es eine längere Abhandlung über die Erkennungsmerkmale eines fannischen Cons ("Mindestens 50 % der Anwesenden wurden gezwungen, zum Con zu kommen. Man erkennt dies daran, daß sie alles zerstören und überall im Weg stehen!"), einen Artikel über Isaac Asimov und das zweite gültige Ende der Story DER MANN AUS DEM MEER. Einige Seiten weiter referierte Monika Schettgen ausführlich über DIE GUINNESS-SUCHT UND DIE FOLGEN, denn just zu diesem Zeitpunkt hatte das samtschwarze Getränk Einzug in die Clubreihen gehalten. Die ENTERPRISE-Rißzeichnung fehlte diesmal, dafür war jedoch eine Kurzkritik zum damals gerade angelaufenen STAR TREK III zu finden.

Nach dieser Nummer herrschte viele Monate Schweigen im Club, bis dann im Juli 1985 die Nummer 5 erschien.

Hierin waren unter anderem die Erstveröffentlichung des Berichtes über den ersten Kölner Anti-Con, mehrere Zeichnungen aus der Feder von Ralf Schuh und eine gar grauslich anzuschauende von Ralf Zimmermann. Daneben erschienen mehrere Comics - unter anderem auch RALF, DER SCHRECKLICHE, der in den Neunzigern eine kurzzeitige Auferstehung erlebte.

Das Cover stammte diesmal von Peter Krauskopf und war - abgesehen von der Titelseite der ersten Ausgabe - ausnahmsweise kein "ausgeborgtes" aus einem Comic.

Dieser Trend setzte sich auch bei der Nummer 6 fort, die laut Impressum einen Monat zuvor erschienen war.

Abermals mit einem Krauskopf-Cover versehen, präsentierte VURGUZZ 6 einen Artikel über ADVANCED D & D bzw. die Erschaffung eines neuen Spielcharakters, eine Rezension zu TERMINATOR und derlei Dinge mehr.

Aufgrund der häufigen Wiederveröffentlichung diverser Beiträge bleibt zu VURGUZZ 5 & 6 nicht mehr allzu viel zu sagen, doch es waren harte Zeiten in Köln und die Mitarbeiter rar.

Nummer 7 bot da schon mehr Abwechslung, doch erschien diese erst im April 1986.



3. MY NAME IS NELSON, GUY NELSON

NR. 007 - A VIEW TO A ZINE - diese Worte prangten auf dem von Ralf Schuh, in Anlehnung an ein Bond-Plakat gezeichnetem Cover, war doch gerade ein neuer Teil dieser Serie in Deutschland angelaufen. Meines Erachtens war dies das beste Cover der älteren VURGUZZ-Ausgaben.

Cover vurguzz 7

Inhaltlich gab es leider noch nicht viel neues zu berichten - außer vielleicht der Erstveröffentlichung der Ralf-Zimmermann-Story THE ADVENTURES OF THE LAST CRUSADER, die die erstaunlichen Abenteuer Ken Kendalls beschreibt, der ein entfernter Verwandter von Arman von Lemuria und James C. Bristol (WARLOCK) ist. Auf den zweiten Teil dieser gelungenen SF-Parodie mußte der geneigte Leser jedoch bis zum April 1988 warten, denn so lange dauerte es, bis VURGUZZ 8 erschien - diesmal als reiner Story-Reader, was dem Zine gut bekam.

Enthalten waren (wieder einmal) DER MANN AUS DEM MEER, eine GEDDD-Story von Michael Breuer, die SF-Story DER WEISSE STAUB sowie noch einmal beide Teile der Ken-Kendall-Story.

Mike Breuer war gerade über die Horror-Persiflage WARLOCK frisch zum Club gestoßen und reihte sich alsbald in die Gruppe der festen Mitarbeiter ein, bis es auch ihm vergönnt war, in den Vorstand aufzusteigen.

Zurück zum Zine: Das als Redaktionsschluß für VURGUZZ 9 der Sankt-Nimmerleins-Tag angegeben wurde, stimmte bedenklich - tatsächlich erschien das Heft aber nur wenige Monate später.

Diesmal war nur eine Story enthalten - der erste Teil der DRACHENGOTT-SAGA von Michael Breuer - eine Fantasy-Horror-Serie aus dem Umfeld der GEDDD-Geschichten, die jedoch nie konsequent ausgebaut wurde, weshalb auch nie ein zweiter Teil erschien.

Auf die Frage, wann es eine neue Ausgabe geben würde, hieß es im Vorwort frohgemut, daß dieses von den Leserreaktionen abhängen würde. Diese müssen wohl sehr schlecht gewesen sein, denn daraufhin stellte VURGUZZ sein Erscheinen bis September 1992 ein.

Dies war der Zeitpunkt, da der Club aus der Versenkung auftauchte und sich zu nie gekannten Aktivitäten aufschwang, bis schließlich...



4. BIS ZUR SPALTUNG UND DARÜBER HINAUS...

Im September 1992 erschien - für das restliche Fandom völlig überraschend - eine neue Ausgabe von VURGUZZ. Diese trug die Nummer 14, war mit einem neuen Logo und einem Cover von Thomas Prinz versehen und enthielt Storys und Artikel.

Warum die VURGUZZ-Numerierung nach Nr. 9 mit Nr. 14 fortgesetzt wurde, konnte nie ganz geklärt werden.

Cover vurguzz 14

Jedenfalls erschien das Fanzine - nun redaktionell betreut von Winfried Brand - jetzt regelmäßig und wurde schließlich sogar auf DIN-A-4-Format umgestellt. Erstmals in der Club-Geschichte wurden Farb-Cover verwendet. Inhaltlich ließ das Zine nach gewissen Hochphasen dann immer mehr zu wünschen übrig. Dies äußerte sich in einer Themenlastigkeit, die den Unmut mancher Mitglieder erregte.

So konnten all diese schönen Neuerungen nichts daran ändern, daß es mit der Stimmung innerhalb des PHANTASTIK CLUB GUY NELSON (wie er sich mittlerweile nannte) nicht zum besten stand. Aus Gründen, die im Laufe der Zeit schon genügend durchgehechelt worden sind, kam es also im Herbst 1994 - kurz nach dem Erscheinen von VURGUZZ Nr. 33 zur berühmt-berüchtigten Spaltung.

Der PHANTASTIK CLUB CLASSIC NELSON wurde aus der Taufe gehoben - dies mit dem Ziel, sich wieder auf die alten Tradition des Clubs und seines Fanzines zu besinnen, welches folgerichtig nun den Namen VURGUZZ CLASSIC trug und zunächst von Michael Breuer, dann von Natascha Marion Schlüter und schließlich von Stefan „Metzel-Män“ Eischet zu neuer ungeahnter Blüte geführt wurde, womit wir auch am Ende dieser kleinen Zusammenfassung angelangt wären, die euch hoffentlich ein wenig Klarheit über die Ursprünge von VURGUZZ CLASSIC verschafft hat.



Michael Breuer, Nov. 2002